Ein persönliches Positionspapier
Das ist jetzt mein Tag heute: Guten Morgen; Geburtstagsgrüße per WhatsApp; Aufstehen; Sport; Dusche; Tee; Telefonkonferenz mit Indien und FFM, Kontakthalten weil einer krank und das Vorprojekt für die eigene GmbH nicht ganz einschlafen lassen; Balkon, Nase kurz in die Sonne und nochmal Tee; Terminkoordination; Telefonkonferenz, Abstimmung Management als Einstieg in den Angestelltenjob; Telefonkonferenz Retro-Projekte-Team, ich steige da aus, neue Schnittstellen für das Team, Ausrichtung, Probleme durchsprechen, Planung; Telefonkonferenz, Abstimmung mit CTO und ProductOwner; Dokumentationsbereich Strategie vorbereiten; Mittagspause, der Liebe schreiben (vermisse sie), Kleinigkeit essen, französisch Lektion mit Duolingo; Autofahrt zum Büro, neue Räume ansehen, möglichst Abstimmung mit CEO; Parkplatz; Maske; Hallo, noch Schnellstests da? Ja, gut, testen. Negativ. Fein!; Hallo sagen; Räume ansehen; Kaffee besorgen; Plaudern, Umzug ist überstanden, neue Räume toll, beeindruckende Arbeitstiere, muss man echt den Hut ziehen; Abstimmung CTO, wg neuer Rolle Strategie und Paris; Autofahrt nach Hause, zum Abendessen kommt meine Tochter; E-Mails und Stand Kundenprojekt; Followup zum CTO Gespräch; Wo bleibt das Töchterchen eigentlich?; Wasser trinken, mehr Wasser trinken!; Anruf, ob ich meine Tochter abholen kann, ist ja schon finster draußen. Klar, gleich.; Schuhe, Jacke, Auto, Parken, Klingeln, Hallo und Los, Auto und zurück; Ein schöner Abend, verstecken gespielt, viel gelacht, gekocht, gegessen, Musik gehört und getanzt. Das arme Küken macht piep. Wir müssen schon wieder los; Schuhe, Jacke, Hundi, Auto, Parken, mit Musik zurück spazieren, verabschieden. Traurig, ein bißchen; Auto, Küche in Ordnung bringen, Schwesterchen zum Geburtstag anrufen, wie schön, austauschen wie es Papa geht, das Küken kennen sie schon; Werde meine Liebe heute nicht sehen, seufzen; Reste spülen; Auf in die Boulderhalle, evtl. wäre nachher noch ein Telefonat, egal für vielleicht sitze ich heute nicht zuhause, brauche noch körperliche Aktivität; Rucksack greifen, alles dabei, ok; Auto; Parkplatz; Maske; Telefon mit Corona-App zum einchecken; Zeigst Du mir noch, dass es die dritte Impfung ist? Wie? Ja, einfach auf den Barcode tippen und runterscrollen. Ja, nein, ich meine, ne es ist ja nicht die dritte. Wieso. Ach, 2G+ seit gestern. Ok und das heißt Testen, wenn nicht geboostert und Test nur offiziell, richtig? Ja. Ok, klar. 21:15 jetzt noch offiziell testen, wo geht das, am Kino vermutlich. 10km hin, 10 zurück, 23:00 schließt die Halle. Vergessen wir das, dann halt nicht. Blöd. Bis nächstes mal. Tschüß; Raus gehen, Maske ab, Auto, nach Hause;
Dauert ein paar Minuten aber ich werde richtig, richtig sauer. Seit Oktober teste ich jedesmal, wenn ich irgendwie unterwegs bin vorher privat selber: Büro, Essen, Kinder, Verwandschaft. Egal welcher Anlass, egal welcher Unfug von wem warum erzählt wird. Ich bin zu den beiden Impfterminen, die für mich dran waren. Ich habe nicht gedrängelt bin keine Risikogruppe, die Schutzzeit gehört gestreckt, weil sie nun mal kürzer ist, als man sich wünscht. Boostern ist für mich noch nicht fällig.
Meine genaue Meinung zu Covid-Impfen, wann, wo, wer, tut auch nichts zur Sache, ich bin rational (bis eben) und verantwortungsvoll (oder dumm, siehe unten, weiß ich gerade nicht mehr), so gut das im gegenwärtigen Umfeld hinzubekommen ist.
Es gibt keine Zusammenhänge aber selten Schuld und Weghexen von Problemen ist kaum im Angebot. Mit manchen Randbedingungen muss man eben umgehen. Leben ist kein Wunschkonzert und immer eine Abwägung von Freiheit und Sicherheit. In meinem Weltbild ist Verantwortung persönlich und Übergriffigkeit immer ein Problem, das kurzfristig manchmal unvermeidlich, mittel- und langfristig aber mit Sicherheit aus systemischen Gründen toxisch ist. Ich akzeptiere Kompromisse. Zusammenleben ist die Suche nach gemeinsamen Lösungen. Am besten Win-Win, das geht aber nicht immer. Alles Ok wieder? Habe ich mich beruhigt. Nein! Hilft alles nichts, die Schlüsse in meinem Kopf haben sich gezogen und nicht hinsehen, geht nicht. Kenne mich ja ein wenig inzwischen. Ich bin sauer, weil ich Inkompetenz in Kombination mit Anmaßung nicht leiden kann. Gar nicht. Nicht, wenn ich sie nur sehe und wenn ich aber ganz unmittelbar davon getrietzt bin und es keinen konstruktiven, gestalterischen Zugang zu einer Verbesserung gibt, an der ich mitwirken kann, dann komme ich ganz, ganz, ganz schlecht drauf! Diesen politisch gesellschaftliche Affentanz, den wir uns (auch ich mir) parlamentarisch repräsentativ vor die Nase gewählt habe, kann ich heute nicht ohne Reaktion lassen. Ich bin sonst in einer Woche soweit, dass ich Beifall klatsche, wenn in diesem Land Autos und Regierungsgebäude abgefackelt werden. Das ist aber weder der Stil noch die Zukunft, die ich an den Tag befördern will. Aber auch da muss man hinsehen: In mir (wie in jedem anderen Menschen) steckt die Maschinerie, die psychologische Entlastung durch Schuldzuweisung an Sündenböcke arrangiert. Das läuft persönlich und gesellschaftlich gut vergleichbar, auch Girard lesen hilft bei mancher Selbsterkenntnis.
Das Problem ist das Problem. Wir sehen es aber kaum. Das hilft nicht, wenn man was lösen will!
Wir sehen das Narrativ und konstruieren uns ein Narrativ. Bequem, weil angstreduzierend, ist das und dann wird es erst mental und später echt bis an die Zähne mit Resentiments bewaffnet verteidigt, das schöne Narrativ.
Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn nicht die meisten von uns als Einzelne die Verantwortung dankend und mit Hingabe an die Obrigkeit abgeben würden, sobald es ein wenig anstrengend wird. Irgendwie haben wir die Dynamik verstanden, in der Schule durchgenommen, bei der Bundeszentrale für Politische Bildung nachgelesen, haben uns bequem eingerichtet mit einem Grundgesetz, das die dunkle Seite der Macht in Schach halten wird. Wird es nur nicht und warum nicht, kann man sich seit Beginn 2020 live ansehen, wenn man die Augen aufbekommt.
Der Mensch ist großartig bei der Akzeptanz sich vollkommen widersprechender Positionen. Wir halten uns für Demokraten und trauen der Bevölkerung aber nicht zu sich hinreichend richtig zu verhalten, wenn sie ordentlich informiert wird. Wir wählen und akzeptieren Politiker, für die strategisch zielgerichtete Kommunikation wichtiger ist, als Aufrichtigkeit. Das ist kein persönlicher Vorwurf. Das politische System generiert diesen Effekt. Politprofis können eines am besten: In politische Ämter aufsteigen. Toll, überall Profis. Blöd nur, wenn die Belohnungen in einem System nicht ordentlich auf den Zweck des Systems ausgerichtet sind, bekommt man nicht viel Ergebnis ins Sachen Erfüllen des Zwecks. Irgendwann geht das System dann den Bach runter und zwar zu recht. Es taugt nicht für den Zweck, es hat sich nicht auf seinen eigentlichen Sinn hin als stabil und erneuerungsfähig genug erwiesen. Die selbstgerechte Selbstüberschätzung mit der Propagandakommunikation aus angeblichen Sachzwängen abgeleitet wird, ist ein Symptom.
Reformierbarkeit? Na ich bin gespannt. Ich sehe keine roten Linien mehr, die wir nicht überschreiten würden. Ist ja von oberster Stelle auch so als legitime Grundeinstellung formuliert worden. Und richtig, wir fühlen uns als Bevölkerung ein wenig gespalten, manche vielleicht jedenfalls, habe ich gehört, aber: Das Gegenteil ist richtig! Man muss nur glauben, dann kommt man auch in den Himmel.
Entschuldigung, ich bin ein wenig in Rage. Aber ganz ehrlich: Bloß weil ich es nicht wahr haben will und bloß weil es nicht so gemeint ist, sondern gut, heißt nicht, dass faschistoid und totalitär plötzlich etwas anderes ist als faschistoid und totalitär.
Wir haben schon geübt wie das geht und zwar nicht, weil viele Leute psychopatische Massenmörder gewesen wären, sondern weil wir zur Bequemlichkeit neigen in der eigenen Gruppe. Probleme schieben wir auf die anderen und das spitzt sich dann so lange zu, bis wir selber aus der Gruppe raus sind, die von sich glaubt Weisheit, Güte und das Wohl der Welt gegen alle Ungläubigen zu verteidigen. Anfangs zur deren besten natürlich. Klar. So ist das nämlich am Anfang. Die Ungeimpften dürfen zu ihrem eigenen Schutz auf dem Rang platznehmen. Klar? Die Welt ist und war immer schon ein Kampf von Gut gegen Gut!
Also: Inkompetenz und Anmaßung kann ich echt nicht leiden! Noch weniger leiden kann ich Dummheit und Passivität. Bei mir selbst. Bei anderen? Was soll's. Es kann jeder, so leben wie es ihm entspricht, solange nicht andere dabei NACHWEISLICH (Rechtsstaat und so) unter die Räder kommen. Meine Fähigkeit für Akzeptanz und Passivität ist heute Abend aufgezehrt. Ich habe mir wirklich bis vorhin noch viel Mühe gegeben Verständnis und Wohlwollen über meine Bestandsaufnahme zur Situation und die damit verbundenen Frustration zu legen. Dieses Vorhaben ist gescheitert, ich komme mir dumm vor, in meiner Akzeptanz eines Deutschland, das zu einem Gängelungsstaat verkommen ist. Ich komme mir dumm vor bei dem Versuch mir rosa anzumalen, dass bei kaum jemand noch irgendeine Form von Selbstachtung übrig zu sein scheint, um darauf hinzuweisen, dass es ganz offensichtlich zutiefst undemokratisch ist, Politik für eine vermeindlich dumme Bevölkerung zu machen, die ohne politische Verführung, die sich ganz, ganz eng an politische Verarsche anfügt, vermeintlich nicht in der Lage wäre, die nächsten drei Tage zu überstehen.
Durchatmen!
Was mache ich mit meinem Narrativ, dass ich mich dumm stellen muss, um eine politische Klasse zu ertragen, weil ich sonst unbequem gefährdet bin, wenn ich mir beim Horten von Toilettenpapier einen Arm breche aber keinen Krankenhausplatz bekommen kann, weil dort die Corona-Opfer beatmet werden müssen? Ganz ehrlich, ich werfe das Narrativ über Bord. Wir haben Probleme in diesem Land und auf diesem Planeten und ringen als menschliche Spezies um Lösungsansätze. Unsere Aufgabe ist doch dafür möglichst viele kreative, zukunftsgewandte und handlungsleitende Köpfe in Austausch und Aktion zu bekommen. Bekommen wir ja auch, nur spannend, dass das was wir hierzulande als Politik serviert bekommen, dazu kaum Sinnvolles beiträgt. Es lebe die Evolution. Wenn wir diese Politik akzeptieren, können wir getrost sein, als gescheitertes Experiment von der Bildfläche verschwinden zu dürfen. Hoffentlich weitestgehend schmerzfrei.
Aber sorry, ich bin zu stur. Tut mir leid, es muss eben anders versucht werden. Und ich gehe auf keine ach so unverantwortliche Demo, um mir ein besseres Gewissen zu verschaffen und doch nur gefrustet zu sein, weil der dadurch ausübbare politische Druck, marginalisiert, zu indirekt und weich ist, um zu nutzen. Nein, ich mache wenn schon, dann etwas komplett für mich selbst überraschendes:
Ich trete jetzt heute am 13.1.2022 in die AfD ein und schreibe dazu einen Tweet, der auf diesen Text verweist, mit dem ich ein altes Blog wieder aufwärme. Können ja alle mitmachen, die sich ähnlich fühlen. Und dann reformieren wir die AfD von innen auf Positionen hin, die einer modernen weltoffenen Gesellschaft auf eine sinnvolle Weise begegnet. Mit dem Recht sich abzugrenzen und der Pflicht nach innen und nach außen für Werte einzustehen, die mal zu allererst damit anfangen, dass man so ehrlich man kann sein bestes Verständnis zur Welt, der eigenen Wahrnehmung von Problemen und den Ideen für Lösungsansätze dazu auf den Tisch legt.
Vermutlich geht das grandios ins Leere, weil ich ja von Politik keine Ahnung habe und die Wahrheit (übrigens die Erfindung eines Lügners) doch dem politschen Untergang gleichkommt. Aber bitte, das ist mir egal, es ist ja eben anders einfach nicht gut auszuhalten und Menschlichkeit ist einiges mehr als Kosten-Nutzen-Logik. Bin gespannt, wie schnell ich mich zu einem Parteiausschlussverfahren durcharbeiten kann.
Ach ja, nur um Missverständnissen vorzubeugen (Ich weiß, total hoffnungslos veraltetes Konzept): Ich bin eigentlich in meiner vermutlich völlig verschrobenen Selbstwahrnehmung eher links-liberal-sozial eingestellt und habe wegen eines gewissen Nostalgiefaktors die taz aboniert. Die ganze politische Verortung gilt halt nur soweit ich selber die Deutungshoheit habe, was die Schubladen bezeichnen. Die Verortung ist aber ohnehin egal, weil im Moment so viele Geschichten erfunden und erzählt werden, dass man ohnehin gut daran tut, nur konkrete Aussagen und noch besser konkrete Handlungen von Personen zu bewerten. Können sie gerne auf mich anwenden.
Leitfaden dazu: Verantwortung ist persönlich und wie Politiker damit umgehen, kann man in Zeiten von Social-Media und Digitalisierung besser sehen, als je zuvor. Fühlt sich an, als geht die Welt unter. Tut sie aber nicht, es ist nur besser zu sehen, wie kaputt vieles ist, das schon lange kaputt und vermutlich nie besser war. Da muss man echt aufpassen und das eigene gefärbte Empfinden so gut es geht mit fortwährender kritischer Beobachtungen korrigieren und verfeinern. Persönliche Medienkompetenz in der Informationsgesellschaft nenne ich das. Kann man auch viel drüber schreiben. Heute nicht mehr, sonst klappt das mit dem Partei-Eintritt nicht mehr.
Nichts für ungut, dann lasst uns dieses bekloppte Land halt retten, auch wenn wir uns nicht drum gerissen haben, das selber machen zu müssen.
Ach ja, wieso AfD eigentlich? Naja, es sind halt die streitbarsten Außenseiter mit einer gewissen politischen Dynamik und sie haben den richtigen Namen. Noch besser: vergleichsweise niedriger Altersquerschnitt. Die politischen Positionen muss man, da wo es nicht passt halt anpassen. Das Problem hat man halt bei jeder Partei.
Wo ist jetzt der Antrag zu finden und wie bekomme ich am schnellsten einen Termin bei Frau Weidel, damit sie mir Politik erklärt? Mehrere Jahre Parteigetue zum Aufsteigen kann ich jetzt nicht direkt abwarten, dafür ist das Chance/Risiko-Verhältnis zu schlecht. Ein bisschen Strategieberatung auf oberster Ebene, bin ich aber durchaus bereit zu investieren, wenn es da eine Gruppe gibt, die diese Akzeptanzkriterien von oben mit der Inkompetenz, Anmaßung, Dummheit und Passivität erfüllt.
--Bernd aka Tegwick (angefressen) 13.1.2022
N8! #strategischAfd